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Ich liege auf ihren Schoß, sie streicht mir sanft über den
Kopf und ihre Hände zittern leicht. Schweigend starre ich an die Wand, suche
auf dem sterilen Weiß einen Makel, einen Fleck, irgendetwas, an dem sich mein
Blick festhalten kann, nur um nicht aufzusehen. Ich möchte ihr nicht ins Gesicht
sehen, nicht die Tränen, welche sie
wegen mir vergießt, erblicken. Ich fühle mich schuldig. Schuldig, weil ich sie
verletze, obwohl sie immer für mich da war. Auch jetzt ist sie hier, lässt mich
nicht alleine. Wie immer duftet sie leicht nach Lavendel, riecht so vertraut, so tröstend. Ich kann mich
nicht daran erinnern, dass sie jemals anders gerochen hat. Der Geruch schien zu
ihr zu gehören, wie das gleichmäßige Pochen ihres Herzens. Es war beständig,
vielleicht nicht für immer, aber zumindest für den Moment. Sie würde mich
überdauern, auch da sein, wenn ich fort war. Denn mein Herz, ist anders als
ihres, nur noch schwach, es ist nicht mehr, als ein leises Pochen. Wir wissen beide,
dass es irgendwann verstummen wird. Ob Heute, ob Morgen, was spielt das für
eine Rolle? Ich habe mich damit abgefunden, und werde warten. Es ist für mich
kein Ende, nein, eher eine Erlösung. Mein Leben war ein einziger Kampf, und
diesen Kampf habe ich nun verloren. Ich habe aufgeben. Vielleicht bin ich zu
schwach um weiter zu kämpfen, vielleicht gehöre ich aber auch nur zu den Menschen,
die sich keine falschen Hoffnungen machen. Wie auch immer, es war in Ordnung,
ich hatte ein schönes Leben und ich sollte mich nicht beklagen. Also schließe
ich schweigend die Augen, um mich herum herrscht Stille, die lediglich durch
das Piepsen der Apparate durchbrochen wird. Gleichmäßig und hell hört man den
Ton, immer wieder, unaufhörlich, bis zum Ende. Ich konzentriere mich wieder auf
ihren Herzschlag, der beruhigend vor sich hin pochte. Es scheint, als würde er immer lauter werden,
mit jeder Minute die verstreicht. Schließlich, ist er ohrenbetäubend und ich
öffne Ruckartig die Augen. Langsam drehe
ich den Kopf, um sie nun doch an zusehen. Ihre Wimpern sind von Tränen benetzt
und doch ziert ihre Lippen ein Lächeln. Ich erwidere es leicht und folge mich
dem Blick den Konturen ihres Gesichtes. Auch wenn ich sie schon mein Leben lang
kenne, so möchte ich sicher gehen, dass ich sie nicht vergesse. Nicht das
winzigste Detail, sei es eine Falte oder eine Narbe. Ihre Gesichtszüge sind
sanft, in ihren Augen liegt diese Wärme, welche einem, egal was man tut, immer
wieder begegnet. Diese bedingungslose Liebe, sie gibt mir keine Schuld. Ich bin
ihr dankbar, für alles. Dankbar, dafür, dass sie immer da war und, dass sie
mich immer aufgefangen hat wenn ich gefallen bin. Ich möchte ihr Gesicht nicht
vergessen, niemals. Es war das erste war ich auf dieser Welt erblickte, und
sollte auch das Letzte sein. Sie war meine Mutter.