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Sie sitzt da, die Knie angezogen,
ihre Arme fest darum geschlungen. Zitternd atmet sie aus, presst ihren Körper
eng gegen die Schrankwand. Ihre Mutter hört sie schreien, schmerzerfüllt,
wimmernd. Sie beginnt zu weinen, schaukelt sanft hin und her. Leise fängt sie
an zu singen, dass einzige Lied welches sie kann. Ihre Lippen hauchen bebend
die Worte, immer wieder.
„Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous ?
Sonnez les matines, sonnez les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding, Dang,
Dong“
Warum tut er das? Warum verletzt er Mama?
„Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous ?
Sonnez les matines, sonnez les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding, Dang,
Dong“
Sind wir selbst schuld? Hat Papa uns nicht mehr lieb?
„Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous ?
Sonnez les matines, sonnez les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding, Dang,
Dong“
Waren wir so böse?
Plötzlich herrscht stillen, nur
der ängstliche Gesang ihrer kindlichen Stimme ist zu hören.
Ist es vorbei? Hat er Mama genug bestraft?
Sie singt weiter. Ein schmaler Strahl
fällt durch den Schrank, als er das Licht
anschaltet. Sie hört ihn näher kommen. Ihr Herz schlägt unerbittlich
gegen ihre Brust.
„Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous ?
Sonnez les matines, sonnez les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding, Dang,
Dong“
Er öffnet die Tür, schaut auf sie
hinab. In seinem Gesicht sind Spuren von Blut, sein Hemd ist rot. Schweigend
geht er in die Hocke. Sie kauert sich mehr zusammen, traut sich nicht ihn an zu
sehen. Seine Hand hebt ihr Kinn, sie ist kalt. Ängstlich kneift sie die Augen zusammen,
als sich die eisigen Finger um ihre Kehle legen.
Was tut er?
Ihre Lippen formen weiter die
Worte, von der Angst begleitet.
„Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous ?
Sonnez les matines, sonnez les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding, Dang,
Dong“
Er drückt zu, erst sanft, dann
immer fester. Sie bekommt kaum noch Luft,
kann nur noch flüstern. Über ihre Wange laufen immer noch Tränen, hinterlassen
salzige Spuren auf ihrer Haut.
Vielleicht muss es so sein. Vielleicht ist es normal dass Väter ihre Familie
verletzen?
Sein Griff schließt sich fester,
sie verstummt und versinkt in vollkommener Dunkelheit. Es ist schön, beinahe so
als würde sie in den Armen ihrer Mutter liegen.
Mama, bist du da? Papa hat dir wehgetan, nicht? Mir tut er auch weh.
Gerade. Aber es ist okay, ich habe ihn trotzdem lieb. Warte auf mich, Mama, ich
komme zu dir. Dann gehen wir Spazieren
im Park, so wie früher, ja? Und dann suchen wir die Steine, mit den schönen
Mustern. Weißt du noch? Alles wird gut, so wie du es immer versprochen hast.
Regungslos bleibt sie zurück,
kein Herzschlag mehr, kein Atemzug. Man hört den Gesang weiter, jedoch kommt er
nicht aus ihrer Kehle. Sie wird schweigen, für immer. Es ist die Stimme eines
Mannes, eines verzweifelten Vaters. Begleitet von einem Schuss. Schließlich ist
es wieder still in der Nacht. Keine Schreie, kein Weinen, kein Knall. Nur in
der Luft hängen noch die Worte des Liedes.
Frère Jacques, Frère
Jacques,
Dormez-vous, dormez-vous?
Sonnez les matines, sonnez
les Matines,
Ding, Dang, Dong, Ding,
Dang, Dong.
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An dieser Stelle noch ein Dankeschön, an meine wundervollen, 26, Blogstalker. Ihr wisst vermutlich gar nicht wie glücklich ihr mich macht.
total gut geschrieben (: die inneren Gedanken (ka nennt man das so?), also das kursiv geschriebene gefällt mir wirklich gut und das macht sich auch gut im Gesamttext.
AntwortenLöschenmich hat der Text total mitgerissen ♥
Dankeschoen ♥
LöschenIch mag ihn, und vor allem dir letzten Worte, die letzten Sätze. Danke,... Danke Emi <3
AntwortenLöschenDanke dir. Wofür? Ich will kein Dankeschön, Herzchen. Das ist selbstverständlich.
Löschenoh gott,
AntwortenLöschenoh gott,
ich habe mich in deinen blog verliebt.
er ist wundervoll,
zweifel daran bitte nicht.
Danke, danke, danke! Freut mich riesig! ♥
LöschenTränen in den Augen. Manchmal frage ich mich, ob wir tatsächlich nicht alle schlafen.
AntwortenLöschenxxx
Danke dir. Und du hast Recht, unsere Gesellschaft in eine stumpfsinnige.
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